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  • EinleitungDatum08.04.2012 12:08
    Thema von Ben im Forum Inhalt:

    Dieses Forum soll dazu dienen, Meinungen und Persprektiven verschiedenster Menschen zu bündeln und in einen konstruktiven Austausch treten zu lassen. Ich möchte mit Euch systematisch Eure und meine Gedanken auf die Probe stellen und diskutieren und freue mich auf interessante Auseinandersetzungen zu verschiedensten Themen. Philosophisch geprägt stelle ich die Behauptung auf: Erkenntnisse und vermeintliche Wahrheiten sind zu hinterfragen und stets zu rechtfertigen. In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen anregenden Diskurs.

  • Thema von Ben im Forum Praktische Philosophie...

    Inhaltsverzeichnis

    1. Einleitung
    2. Individual- und Sozialethik
    3. Individualethik und Hedonismus
    4. Psychologische und neurobiologische Ansätze
    4.1 Begriffsklärung
    4.2 Bedürfnisbefriedigung – Lust – Bewertung – Werte
    5. Normativität
    5.1 Norm – Wert
    5.2 Das hedonistische Kalkül
    5.3 Kritik und Brauchbarkeit des hedonistischen Kalküls
    6. Zusammenfassung
    7. Literaturverzeichnis
    8. Fußnotenverzeichnis
















    1. Einleitung

    Der einzelne Mensch ist täglich mit vielfältigen Handlungsentscheidungen konfrontiert, muss also in einer Entscheidungssituation zwischen mehreren Handlungsalternativen die Frage beantworten können, wie gehandelt werden soll. Außerdem begreift sich der Mensch als ein zeitliches Wesen, welches sich der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sowie der eigenen Endlichkeit bewusst ist. Unter einer Vielzahl möglicher Lebensweisen muss sich der Mensch entscheiden und die Frage beantworten, welches Leben unter einer Vielzahl alternativer Möglichkeiten gelebt werden soll (vgl. Fenner 2007, S. 1ff.). Die erste Frage (Wie soll ich Handeln?) unterscheidet sich zur zweiten (Wie soll ich leben?) in der zeitlichen Dimension. Letztere ist zeitlich weitgefasster zu betrachten und könnte beispielsweise die Fragestellung beinhalten, für welche Studienrichtung ich mich nach meiner schulischen Ausbildung entscheide. Erstere Frage bezieht sich eher auf kurzfristigere Entscheidungen und könnte beispielsweise danach fragen, wie ich den heutigen Tag verbringe, ob ich mich eher mit dieser Hausarbeit beschäftige, oder den Tag mit anderen Dingen verbringe.
    Gerade weil wir vor täglichen Handlungs- und Lebensalternativen stehen, ist es sinnvoll, eine systematische Orientierung für das eigene Handeln zu besitzen.

    In dieser Arbeit wird ein Verfahren thematisiert, welches eine Orientierungsleistung bieten soll. Dabei wird eine individual-ethische Perspektive eingenommen, das Individuum steht also im Mittelpunkt (zweites Kapitel). Die philosophische Denktradition des Hedonismus wird hier eine wesentliche Rolle spielen. Lust und Unlust werden als Kategorien einen zentralen Stellenwert einnehmen (drittes Kapitel). Wie bereits oben angesprochen, thematisiert diese Arbeit die Konfrontation des Menschen mit seinen vielzähligen potenziellen Handlungsalternativen. Ich erachte es deshalb als notwendig, den Menschen selbst in Bezug zur Fragestellung näher zu betrachten. Dafür möchte ich neuere psychologische und neurowissenschaftliche Ansätze und Forschungen anführen, die Hinweise über die menschliche Natur geben sollen. Es wird sich zeigen, dass der klassische Hedonismus – insbesondere die Thesen von Jeremy Bentham – mit den neueren Forschungen in einen fruchtbaren Zusammenhang gebracht werden können und jede menschliche Handlung letztendlich auf Bedürfnisbefriedigung hinausläuft (viertes Kapitel). Um die Frage zu beantworten, wie man Handeln bzw. Leben soll, ist es notwendig, von Aussagen über die Natur des Menschen (sein) zu normativen Aussagen über gebotene/verbotene Handlungen (sollen) zu gelangen. Auch hier ist der Hedonismus – und hier wiederum das hedonistische Kalkül Benthams – von zentraler Bedeutung (fünftes Kapitel).

    2. Individual- und Sozialethik

    Ich erachte es als sinnvoll, zunächst eine wichtige Unterscheidung in Bezug zur Ausgangsfrage einzuführen. Eine Handlung kann zum Einen aus einer individuellen (individual-ethischen) und zum Anderen aus einer interindividuellen (sozial-ethischen) Perspektive betrachtet werden. Handlungen im Vergleich zu Verhalten ist dadurch abzugrenzen, dass Handlungen durch Zielgerichtetheit charakterisiert sind. Erstere stellt die persönlichen Interessen des Einzelnen in den Mittelpunkt. Letztere berücksichtigt die Interessen aller Personen, die an der Handlung des Einzelnen beteiligt bzw. von ihr betroffen sind. Unter Interessen sind all die Tätigkeiten/Zustände zu verstehen, die entweder dem Individuum oder der Gemeinschaft zum guten Leben verhelfen (vgl. Fenner 2007, S. 8). Es wird sich im Laufe der Arbeit herausstellen, dass das gute Leben aus Sicht des Hedonismus mit dem Vorhandensein von Lust und der Abwesenheit von Unlust verbunden ist.
    Individual-ethisch ist die Antwort auf die Frage des richtigen Handelns einer Person in Relation zu den eigenen Interessen zu betrachten und kann demnach keinen allgemeingültigen Charakter besitzen. Das Individuum verfolgt viel eher Ziele, die für das Individuum selbst ratsam sind, will es persönliches Glück erreichen. Eine soziale Perspektive dahingegen muss auch die Interessen der anderen Mitmenschen einer Handlungsgemeinschaft unparteiisch/gleichwertig berücksichtigen und fördern, insgesamt die zwischenmenschlichen Beziehungen stärker beachten. Hierbei geht es um Aspekte der Gerechtigkeit, welche ein moralisches Sollen mit sich bringen (vgl. Fenner 2007, S. 9f. - siehe dazu auch Fußnote 1). Also nicht nur die eigenen Interessen, sondern diejenigen meiner Mitmenschen werden aus sozial-ethischer Perspektive gleichwertig in die Handlungsentscheidung einbezogen. Erst durch die Verantwortung gegenüber meinen Mitmenschen entsteht eine stärkere Verbindlichkeit, ein Sollen, eine Pflicht des Handelns.

    D. Fenner begründet einen verbindlichen Charakter aus der Rücksichtnahme gegenüber den Interessen der eigenen Mitmenschen. Es stellt sich hier die Frage, ob Handlungen aus einer individualistischen Sicht ebenfalls verbindlichen Charakter besitzen können. Diese Frage soll v.a. in den nächsten drei Kapiteln beantwortet werden.

    3. Individualethik und Hedonismus

    Wie ich bereits angesprochen habe, geht es mir in dieser Arbeit zunächst um die individual-ethischen Aspekte. Ich möchte der Frage nachgehen, wie das Individuum selbst das eigene Handeln begründen kann. Zunächst erscheint es sinnvoll, zu bestimmen, worin die natürlichen Ursachen von Handlungen bestehen.

    Dazu möchte ich Vertreter des klassischen und neuzeitlichen Hedonismus einbeziehen. Als einen klassischen Hedonisten führe ich in dieser Arbeit kurz Epikur an. Als Vertreter des neuzeitlichen Hedonismus werde ich beispielhaft die Thesen Jeremy Benthams anführen. Mit seiner Theorie wird sich ein erheblicher Teil der Arbeit beschäftigen.

    Schon für Epikur war Lust das praktische Ziel der menschlichen Tätigkeit. Hiermit ist allerdings eine Art „ruhige Lust“ gemeint, welche Freiheit beziehungsweise Abwesenheit von Schmerz und Unruhe darstellt. Neben natürlichen Bedürfnissen (z.B. Nahrung, Wärme bzw. Kleidung, sexuelles Verlangen) unterscheidet er auch in nicht-natürliche Bedürfnisse (z.B. Gier nach Luxus), die aus der menschlichen Einbildung und durch Wünsche entstehen. Nur die Befriedigung natürlicher und notwendiger Bedürfnisse (z.B. Nahrung, Kleidung – sexuelles Verlangen zähle nicht dazu, weil sie bei Nichterfüllung schnell vergehen würden) spielen dabei für ein gutes Leben eine Rolle. Somit postuliert Epikur eher einen maßhaltenden Hedonismus (vgl. Fenner 2007, S. 40-43).

    Jeremy Bentham unterscheidet nicht zwischen bestimmten Bedürfniskategorien sondern blendet diese aus. Er stellt stattdessen folgende Behauptung auf:
    „Die Natur hat die Menschheit unter die Herrschaft zweier souveräner Gebieter – Leid und Freude – gestellt. Es ist an ihnen allein aufzuzeigen, was wir tun sollen, wie auch zu bestimmen, was wir tun werden. Sowohl der Maßstab für Richtig und Falsch als auch die Kette der Ursachen und Wirkungen sind an ihrem Thron festgemacht. […] Das Prinzip der Nützlichkeit erkennt dieses Joch [Herrschaft: B.G.] an und übernimmt es für die Grundlegung jenes Systems, dessen Ziel es ist, das Gebäude der Glückseligkeit […] zu errichten. Unter dem Prinzip der Nützlichkeit ist jenes Prinzip zu verstehen, das schlechthin jede Handlung in dem Maß billigt oder mißbilligt, wie ihr die Tendenz innezuwohnen scheint, das Glück der Gruppe [oder des Einzelnen: B.G.], deren Interesse in Frage steht, zu vermehren oder zu vermindern, oder – das gleiche mit anderen Worten gesagt – dieses Glück zu befördern oder zu verhindern“ (Bentham 1992, S. 56f.). In einer Fußnote führt er weiter aus, dass das Prinzip zu verstehen sei „als ein Gefühl, ein Gefühl der Billigung, ein Gefühl, das – auf eine Handlung bezogen – ihren Nutzen als die Qualität gutheißt, durch die das ihr zuerkannte Maß an Billigung oder Mißbilligung bestimmt sein sollte“ (Bentham 1992, S. 56).
    Das Prinzip der Nützlichkeit wird in einer weiteren Fußnote u.a. auch als „Prinzip des größten Glücks oder der größten Glückseligkeit“ bezeichnet. Des Weiteren gibt er Hinweise darauf, wie „die Angemessenheit menschlichen Verhaltens in jeder Situation angemessen geprüft werden kann“ (Bentham 1992, S. 55). Hierfür sei der Maßstab für Richtig und Falsch zu verwenden (vgl. Bentham 1992, S. 55). Das Prinzip gilt dabei als ein Prinzip, welches nicht weiter bewiesen werden kann, da es zu Beginn der Beweiskette steht und somit zwar die Begründung für alle weiteren Ableitungen darstellt, selbst aber keiner Begründung bedarf (vgl. Bentham 1992, S. 58).
    Es ist bemerkenswert, dass Bentham auf eine derart stark biologische Argumentation setzt. Er führt die Natur des Menschen an, die ihn dazu determiniert, nach den Prinzipien von Freude und Leid zu handeln. Dabei spielt das größte Glück bzw. die Vermehrung von Lust denjenigen Aspekt, den es anzustreben und Leid denjenigen, den es zu vermeiden gilt.

    Es scheint hier zunächst ein naturalistischer Fehlschluss in der Aussage Benthams vorzuliegen. Allein aufgrund unserer natürlichen Veranlagung bzw. der Determiniertheit durch Leid und Freude (Beschreibung, wie etwas ist) könne aufgezeigt werden, was wir tun sollen. Was ist aber, wenn der Mensch von Natur aus nach Lust strebt und dieses Streben sich ebenfalls in den individuellen Bewertungen und Werten niederschlägt? Diese Frage werde ich in der Arbeit erneut aufgreifen und v.a. im fünften Kapitel die Frage nach der Normativität aufwerfen.

    Bentham orientiert sich nicht wie Epikur an einem maßhaltenden Hedonismus, der sich auf notwendige Grundbedürfnisse richtet. Er befindet vielmehr all jenes gut, was in der Tendenz positiv für das Individuum ist. Dabei kann aus psychologischer Sichtweise nachgewiesen werden, dass auch Benthams Theorie auf Bedürfnisbefriedigung abzielt (viertes Kapitel). Was genau mit einer positiven oder gar negativen Tendenz und dem angesprochenen Maß der Billigung und Mißbilligung gemeint ist, wird im darauffolgenden Kapitel erläutert (fünftes Kapitel).

    Zunächst möchte ich die Ideen aufgreifen, die schon Bentham im 18. Jahrhundert publizierte und anhand einiger Erkenntnisse der modernen psychologischen und neurobiologischen Forschung untersuchen. Dabei wird auch der Bedürfnisbegriff eine Rolle spielen, den bereits Epikur in ähnlicher Art und Weise eingeführt hatte, den Bentham allerdings nicht weiter ausführte.

    4. Psychologische und neurobiologische Ansätze
    4.1 Begriffsklärung

    Es soll die Auffassung vertreten werden, dass folgende Kombination zwischen Lust, Bedürfnis und Motivation besteht. Wer ein Bedürfnis (z.B. Hunger, Durst) empfindet, möchte dieses stillen (die Person will). Die Bedürfnisbefriedigung wird als etwas Wertvolles angesehen, da die handelnde Person davon ausgehen kann, im Zuge der bedürfnisbefriedigenden Handlung Lust/Glück/Freude zu empfinden und Unlust/Unglück/Leid (z.B. Hungergefühl) zu verringern. Während der Bedürfnisbefriedigung (Essen und Trinken) wird schließlich Lust empfunden. Lustbefriedigung als Ziel ist dabei die Ursache der Motivation zu Handeln (zu essen und zu trinken) (vgl. Spitzer 2004, S. 129). Hier wird zunächst lediglich von einer bewussten, zielorientierten Handlung ausgegangen, die das Ziel der Bedürfnisbefriedigung hat.

    Es erscheint sinnvoll, eine differenzierte Analyse vorzunehmen und dabei die aufgekommenen Begriffe zu erläutern. Lust (griech. = hedone) wird beispielsweise in der Psychologie zweifach verwendet. Lust kann zum Einen als das sinnlich-triebhafte Verlangen nach Befriedigung stark empfundener Bedürfnisse bzw. die Befriedigung eines Mangels verstanden werden. Zum Anderen wird Lust mit einer zeitlich begrenzten und als positiv erlebten Gefühlsqualität in Verbindung gebracht, wobei diese positive Gefühlsqualität als Folge einer Bedürfnisbefriedigung auftritt (vgl. Fenner 2007, S. 31). In der Definition treten zwei Dimensionen zu Tage. Das bewusste Verlangen und Umsetzen von Bedürfnissen und die positive Gefühlsqualität infolge von Befriedigung, die meines Erachtens nicht unbedingt durch bewusste Handlungen von statten gehen muss. Auch zufällige Befriedigung kann zu Lustempfinden führen (dazu siehe unten das Lernexperiment mit Primaten).

    Bedürfnisse an sich können also mit Zuständen eines Mangels synonym verwendet werden. Bedürfnisse sind Ausdrücke dessen, was ein Lebewesen zur Erhaltung und Entfaltung notwendig benötigt (vgl. Bergius 2009, S. 114). Ein Mangelzustand wäre also als jenes, was die Erhaltung und Entfaltung des Lebewesens gefährdet. Es ist offensichtlich, dass mit Erhaltung das eigene menschliche Leben gemeint ist, welches beispielsweise Nahrung zum Überleben benötigt. Unklarer ist hier die Verwendung von Entfaltung. Entfaltung kann in unserem Zusammenhang verschiedene Dinge meinen. Zunächst ist es möglich, dass die Entfaltung bzw. die Entwicklung des eigenen biologischen Körpers (einschließlich des Gehirns) gemeint ist. Auch ist es möglich, die Entfaltung derjenigen Fähigkeiten zu meinen, zu der der Mensch als hochentwickeltes Lebewesen in der Lage ist (Fußnote 4). Auch würde die Entfaltung des eigenen Glücks als eine mögliche alternative Deutung im Rahmen des Hedonismus möglich sein.
    Aus psychologischer Perspektive kann argumentiert werden, dass jedes menschliche Verhalten (also bewusste und unbewusste Handlungen) auf die Erfahrung von Lust bzw. Nichterfahrung von Unlust abzielt. Diese Perspektive repräsentiert somit eine anthropologische Grundlage des Hedonismus. Die angeführte Definition von Lust ist dabei offensichtlich stark an einen Mangelzustand gebunden (vgl. Fenner 2007, S. 32f.). Wenn wir der Definition folgen, Lust sei lediglich durch die Bedürfnisbefriedigung und somit Aufhebung eines Mangels zu erreichen, erhalten wir eventuell bei folgenden Beispielen Schwierigkeiten. Hier seien zum Beispiel die Völlerei (Essen allein zum Zweck des Geschmackserlebnisses), das Computerspielen oder das Streben nach Luxus/Geld zu nennen. Kann auch dies, was auf dem ersten Blick als eine Überflusssituation erscheint, durch die oben angeführte Definition der Bedürfnisbefriedigung erklärt werden?
    Meines Erachtens ist dies möglich, dann nämlich, wenn ich davon ausgehe, dass Lust zu Glück führt. In Anbetracht der oben genannten Definition könnte beispielsweise auch die Völlerei als Befriedigung zur Entfaltung von Glück verstanden werden, wobei erst durch die Völlerei der Mangelzustand (wenig positives Empfinden) behoben wird.

    4.2 Bedürfnisbefriedigung – Lust – Bewertung – Werte

    Im folgenden Absatz möchte ich die Verbindung zwischen den genannten Begriffen empirisch gestützt aufweisen.
    Es gilt Hinweise für die Thesen zu zeigen: I) Bedürfnisbefriedigung führt zu Lust. II) Lust an sich kann neurowissenschaftlich als eine Aktivität des kognitiven Belohnungssystems verstanden werden, also als neurochemischer Prozess. III) Der Mensch bewertet Handlungsfolgen und Ereignisse je nachdem, wie viel Lust/Unlust diese erbracht haben. IV) Plane ich eine Handlung (Zielorientierung), greife ich auf Werte zurück, welche langfristig etablierte Bewertungen einzelner Erfahrungen sind.

    Wie angesprochen, ist das Phänomen der Lust nicht nur als Antwort von gezielter Bedürfnisbefriedigung zu verstehen, sondern kann auch ganz nebenbei auftreten. Darauf weisen die folgenden Ergebnisse eines Lernexperiments mit Affen hin. Ergebnisse neurowissenschaftlicher Untersuchungen u.a. mit Affen aber auch Ratten können ebenfalls auf den Menschen übertragen werden, da unsere kognitiven Systeme (Gehirn) ähnlich aufgebaut sind und unter gleichen Naturgesetzen funktionieren.
    Es konnte ein Zusammenhang zwischen Lernprozessen, Saftvergabe und Aktivitäten des kognitiven Belohnungssystems (Fußnote 2) nachgewiesen werden. Es interessiert hierbei nur die Aktivität des Systems aufgrund von Saftvergabe (Belohnung).
    Bei diesen Experimenten untersuchte man die Aktivität des dopaminergen Systems bei Lernprozessen. Das dopaminerge System ist ein System im Gehirn, welches positive Empfindungen verursacht. Es besteht aus Neuronen, die für die Dopamin-Ausschüttung verantwortlich sind. Dopamin ist ein wichtiger Neurotransmitter, der an einer Vielzahl neurochemischer Prozesse beteiligt ist. Im Volksmund wird Dopamin auch als Glückshormon bezeichnet. (vgl. Spitzer 2004, S. 153). Zwei wichtige Bereiche des Belohnungssystems im Gehirn stellen der Nucleus accumbens und das Hirnareal mit der Bezeichnung A10 dar. Beide bilden umgangssprachlich das sogenannte Lustzentrum. Das Areal A10 ist insgesamt mit dem Nucleus accumbens und dem Frontalhirn verbunden (vgl. Spitzer 2002, S. 177f. - Originalstudie siehe Fußnote 3). Beim Experiment zeigte man Affen verschiedene Zeichen (Stimuli) und belohnte sie bei festgelegten Stimuli mit der Vergabe von Saft. Es folgte in einer Lernphase auf den neutralen Stimulus Kreuz eine Belohnung. Bei der Aufnahme des Safts konnte eine Aktivität der genannten dopaminergen Bereiche festgestellt werden. Jedes Mal, wenn der Stimulus Kreuz im weiteren Verlauf gezeigt wurde, waren die Neuronen bereits vor der Vergabe von Saft aktiv. Es hat also ein Lernprozess stattgefunden, wobei der vormals neutrale Reiz mit einer positiven Bewertung abgespeichert wurde (vgl. Spitzer 2004, S. 134-137 – Originalstudie siehe Fußnote 5).
    Lusterfahrungen konnten also ganz nebenbei gemacht werden. Schließlich konnten die Probanden zunächst nicht wissen, was während des Experimentes passieren würde und konnten demnach auch nicht zielgerichtet agieren. Nachdem allerdings Lerneffekte aufgetreten waren, zeigten selbst die Primaten positive Erwartungen.

    Wie stehen Lust, Bewertungen einzelner Erfahrungen und Werte miteinander in Verbindung? Um diese Frage zu beantworten, möchte ich zwei weitere Experimente anführen, die direkt an menschlichen Probanden unternommen wurden. Da diese beachtliche Hinweise beinhalten, möchte ich sie ausführlicher darstellen.

    Untersuchungen mit Menschen haben gezeigt, dass durch Belohnung (in Form von Schokolade) ebenfalls Bereiche des Gehirns aktiviert werden, die sich bereits bei den Tierversuchen als Bereiche des Belohnungssystems erwiesen. Die menschlichen Probanden aßen Schokolade und mussten währenddessen Bewertungen abgeben, wie angenehm/unangenehm das gegessene Stück war und wie gern/ungern sie ein weiteres Stück wollten. Es zeigte sich dabei, dass bei einer anfänglich hohen Aktivität der benannten Areale die Aktivität der Hirnareale des Belohnungssystems mit abnehmender Bewertung und Motivation ebenfalls abnahmen (vgl. Spitzer 2002, S. 184-187 – Originalstudie siehe Fußnote 6).

    Es zeigt sich, dass bei dem Verzehr von Schokolade Neurone im A10 Areal aktiviert werden, wodurch im Frontalhirn (z.B. im medialen orbitofrontalen Kortex) und im Nucleus accumbens der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet wird. Im Nucleus accumbens werden durch die Dopaminfreisetzung Neurone aktiviert, welche eigene Opioide produzieren. Die Fasern der Dopamin frei setzenden Neuronen erstrecken sich dabei bis in den frontalen Kortex, woraufhin die Ausschüttung der Opioide in diesem Areal zu einem vom Individuum angenehm empfundenen Gefühl führt (vgl. Spitzer 2002, S. 177f. - Originalstudie siehe Fußnote 7).
    Wichtig ist die Erkenntnis, dass die Neuronenaktivität in einem Zusammenhang mit der subjektiven Bewertung der Probanden stehen. Die Wahrnehmung der positiven Gefühlsqualität wird dabei erst durch die Aktivierung von Bereichen des Frontalhirns ermöglicht. Dieser Zusammenhang wird im Bezug zu Werten erneut zu beachten sein.

    Ein weiteres Experiment (Originalstudie siehe Fußnote 8) mit menschlichen Probanden legt die Vermutung nahe, dass bei der Bewertung von Phänomenen noch weitere Bereiche im Gehirn mit unterschiedlichen Funktionen aktiv sind. Im Experiment sollten die Versuchsteilnehmer 66 Autos betrachten (1/3 Sportwagen; 1/3 Limousinen; 1/3 Kleinwagen). Die Versuchsteilnehmer mussten schon vorher ein Interesse an Autos besitzen und selbst schon mindestens an einem Autokauf beteiligt gewesen sein. Während der Betrachtung von Bildern der Autos mussten die Probanden gleichzeitig auf einem Bewertungsbogen mit einer Skala von 1-5 (Höchstbewertung = 5) eine Bewertung abgeben.
    Insgesamt bewerteten die Probanden die Sportwagen mit knapp 3.8, die Limousinen mit 2.5 und die Kleinwagen mit 2.1 Punkten. Während der Betrachtung der jeweiligen Wagen wurde die Gehirnaktivität des Nucleus accumbens und des orbitofrontalen Kortex (Teil des präfrontalen Kortex) gemessen. Es zeigte sich, dass beide Bereiche additiv die höchste Aktivität bei der Betrachtung des Sportwagens, eine mittlere Aktivität bei den Limousinen und die niedrigste Aktivität beim Kleinwagen aufwiesen. Im Vergleich beider Areale zeigte der Nucleus accumbens bei den Sportwagen die höchste Aktivität, gefolgt von der Aktivität bei den Limousinen und den Kleinwagen. Interessanterweise war die Aktivität des orbitofrontalen Kortex dazu verschieden. Im Vergleich erzeugten hier die Limousinen die höchste Aktivität, wobei die Sportwagen folgten und die Kleinwagen wieder das Schlusslicht bildeten (vgl. Spitzer 2004, S. 171ff.).

    Die Ergebnisse wurden damit interpretiert, dass beide Bewertungsareale unterschiedliche „Maßstäbe“ verwenden würden. Der Nucleus accumbens sei für die spontane vollautomatische Bewertung zuständig, welche bei auto-interessierten Personen nun mal stark aktiviert sein müsse. Der orbitofrontale Kortex, welcher sich im präfrontalen Kortex befindet, würde nicht nur an der spontanen Reaktion beteiligt sein, sondern eine Bewertung auch auf der Grundlage gespeicherter Erfahrungen durchführen. Diese bewerteten gespeicherten Erfahrungen könnten u.a. sein, dass ein „gutes“ Auto auch Raum für den Transport von Menschen und Gegenstände bieten muss (vgl. Spitzer 2004, S. 173f.). Somit liegt die Vermutung nahe, dass der orbitofrontale Kortex an reflexiven bzw. argumentativen Denkprozessen beteiligt ist. Dieser bewerte also eher auf der Grundlage vielfältiger Erfahrungen, die miteinander in Beziehung gesetzt würden (siehe Fußnote 9)

    Der präfrontale Kortex stellt insgesamt den Bereich des Gehirns dar, der die langfristige Speicherung von Erfahrungen, Rollen, Sozialverhalten, Regeln, Werten, Zielen u.v.a.m. beinhaltet (vgl. Spitzer 2004, S. 167). „Da der orbitofrontale Kortex [als Teil des präfrontalen Kortex: B.G.] die deutlichsten Verbindungen mit Mandelkernen (siehe Fuß. 10) und Dopaminsystem aufweist, ist er [...] vor allem im Hinblick auf Bewertungen und deren langfristigen Kristallisationen – Werte – zuständig“ (siehe Fuß. 11). (Spitzer 2004, S. 167). Werte sind aus neurobiologischer Sicht Repräsentationen (siehe Fuß. 12). Sie stellen die Ergebnisse unzähliger positiver wie negativer Bewertungsvorgänger einzelner Erfahrungen dar. Im orbit. Kortex werden dabei ein Reihe vielfältiger Facetten und Erscheinungsformen von Gut und Schlecht bzw. Gut und Böse repräsentiert (vgl. Spitzer 2004, S. 159; 179).
    Aus der vorgestellten Perspektive stellen Werte also zunächst subjektive Entitäten dar, die zu 100% von den subjektiven Erfahrungen des Individuums abhängig sind. Damit können Werte intersubjektiv nicht identisch sein, da zwei Individuen niemals die vollkommen gleichen Erfahrungen im Leben gemacht haben können. Wohl aber können Individuen über bestimmte Bewertungen/Werte intersubjektiv kommunizieren, und sich auf bestimmte gemeinsame Aspekte eines Wertes einigen. Allein die Einigung zwischen zwei Individuen über einen bestimmten Wert wird wiederum als Erfahrung im Gedächtnis dieser Personen abgespeichert und führt zu einer Unterscheidung zwischen ihnen und anderen, die sich nicht an der Kommunikation und Einigung beteiligt (siehe Fußnote 13). Es ist wichtig festzuhalten, dass ein genaues Verständnis von bestimmten Werten subjektiv ist, es allerdings z.B. durch eine Verschriftlichung objektivierte Werte wie Freiheit oder Gleichheit geben kann. Jede weitere Person mit ausreichendem Sprachvermögen besitzt die Möglichkeit, die Texte über bestimmte Werte zu lesen/zu entschlüsseln sowie in das eigene Denken aufzunehmen bzw. zu modifizieren. Diese Texte können wiederum als Kommunikationsgrundlage mit anderen Individuen zur Verwendung kommen.

    Auch bemerkenswert ist die Beobachtung, dass die neuronale Aktivität des Nucleus accumbens am stärksten die real gegebene Bewertung der Probanden widerspiegelt (vgl. Spitzer 2004, S. 173). Ähnlich wie bei dem Schokoladenexperiment gaben die Probanden eine Bewertung in Abhängigkeit der eigenen Aktivität des Belohnungssystems auf einem Fragebogen an. Je höher die Neuronenaktivität war, desto höher wurde auch die Bewertung auf dem Fragebogen angegeben.
    Die Interpretation der Autoren bezüglich der verschiedenen Bewertungssysteme ist allerdings wenig erhellend, da nicht näher untersucht wurde, weshalb der Nucleus accumbens bei der Betrachtung von Sportwagen in dem hohen Ausmaß aktiv ist. Die Erklärung einer spontanen Bewertung des Nucleus accumbens beinhaltet wenig Aussagekraft und stellt keine ausreichende Erklärung dar. Interessant ist allerdings die Tatsache, dass überhaupt der orbitofrontale Kortex bei den Bewertungsprozessen aktiv ist. Es lässt sich also vermuten, dass bei jeder aktuellen Bewertung von Situationen/Gegenständen etc. die langfristig gespeicherten Erinnerungen des orbitofrontalen K. abgerufen und bei der aktuellen Bewertung bewusst und/oder unbewusst einbezogen werden.

    Es wurde schon die Verbindung zwischen orbit. Kortex und den Mandelkernen genannt. Die Mandelkerne stellen diejenigen Strukturen im Gehirn dar, welche Verknüpfungen beinhalten, die einen neutralen Reiz als gefährlich bewerten können (z.B. Angstgefühl). Automatisch erfolgt eine Reaktion des Körpers (Steigerung des Puls/Blutdruck/Muskeltornus), wobei der Organismus entweder auf Flucht oder Kampf vorbereitet wird (siehe Studienhinweise unter Fuß. 14) (vgl. Spitzer 2004, S. 115). Da die Mandelkerne ebenfalls starke Verbindungen zum orbitofrontalen Kortex aufweisen, müssten auch negativ bewertete Erfahrungen dort gespeichert sein.
    Insgesamt deutet einiges darauf hin, dass jede Erfahrung direkt mit einer Bewertung verknüpft wird. Die zuständigen Bewertungssysteme stellen auf der einen Seite die Mandelkerne (negative Bewertung – siehe dazu Fuß. 15) und auf der anderen Seite u.a. das dopaminerge System (positive Bewertung) dar (vgl. Spitzer 2004, S. 190f.).

    Zwischenfazit
    Mit hoher Wahrscheinlichkeit können wir davon ausgehen, dass die biologische Beschaffenheit von Organismen – das Vorhandensein von kognitiven Bewertungssystemen – die Grundlage für das Empfinden positiver wie negativer Gefühlsqualitäten darstellt. Die neuronale Aktivität beispielsweise der Belohnungssysteme führt zu Lust und kann als Ursache menschlichen Handelns gelten. Dabei kann die empfundene Lust durch die Menschen kommunikativ geäußert werden (z.B. durch das Ausfüllen von Bewertungsbögen). Kurzfristige Bewertungen von Erfahrungen schlagen sich langfristig in Werte nieder, auf die wir bewusst und unbewusst zugreifen können.

    Auf der Grundlage der vorangegangenen Diskussion sei hier die These aufgestellt, dass jeder Mensch strebt. Ein Mensch strebt bewusst (zielgerichtet/geplant) danach, dass diejenigen Prozesse und/oder Zustände real werden und bleiben, die für das Individuum selbst wertvoll erscheinen. Dasjenige, was bewusst als wertvoll empfunden wird, ist maßgeblich an Erwartungen der Person geknüpft, die sich auch auf der Grundlage vorheriger Erfahrungen gebildet haben. Erwartet die Person, dass etwas lustbringend/lusterhaltend oder unlustvermindernd/unlustvermeidend ist, wird es als wertvoll angesehen und nur dann angestrebt. Kurz: der Mensch strebt nach der Erhaltung/Steigerung von Lust und der Vermeidung/Verminderung von Unlust. Grundsätzlich ist es auch möglich, unbewusst, d.h. nebenbei Lust/Unlust zu erleben (siehe Affenexperiment). Von hoher Bedeutung ist der Aspekt, dass menschliche wie nicht-menschliche Tiere biologisch dazu befähigt sind, entweder Lust oder Unlust zu empfinden. Hier schließe ich mich der These von Bentham an, dass die Lebewesen biologisch determiniert sind, positive Gefühlsempfindungen (Lust) anzustreben und negative Gefühlsempfindungen (Unlust) zu vermeiden. Auf welche Art und Weise Menschen dies erreichen, steht aber in ihrer eigenen Entscheidungsmacht, sodass ich nicht davon ausgehe, dass der Mensch vollkommen in all seinen Handlungsentscheidungen vollständig determiniert ist.

    5. Normativität
    5.1 Norm – Wert

    Im Folgenden möchte ich der Frage nachgehen, wie bestimmte Handlungsalternativen die Eigenschaft der Normativität erhalten können. Was ist darunter zu verstehen? Normativistisch sind im Allgemeinen a) Bewertungsmaßstäbe, die Handlungen als richtig oder falsch bzw. gut oder schlecht kategorisieren und b) Handlungsaufforderungen, die diejenigen Handlungen fordern, die im Rahmen des Bewertungsmaßstabes geboten sind und diejenigen verbieten, die verboten sind (vgl. Prechtl 2008, S. 418). In der Begriffsfassung von Normativität ist ebenfalls von einer Bewertung die Rede. Darin spiegelt sich wiederum der Begriff Wert wider.
    Hier sei der Unterschied zwischen Wert und Norm angesprochen. Werte sind in Verbindung mit [Be]Wertungsperspektiven zu denken, die bestimmte Fakten, Ereignisse und Ziele mit Bedeutung verleihen. Erst durch diese Bedeutungsverleihung erhält etwas einen Wert für eine Person (Wils 2006, S. 404). Prinzipien der Bedeutungsverleihung sind, wie oben gesehen, vorwiegend automatisch ablaufende Prozesse im Gehirn, können aber teilweise bewusst wahrgenommen und reflektiert werden.
    Werte an sich können wir u.a. auch verstehen als „die bewußten wie unbewußten Orientierungsstandards u. Leitvorstellungen, von denen sich Individuen u. Gruppen bei ihrer Handlungswahl leiten lassen“ (Horn 2002, S. 290). Dabei können nach Ansicht einiger Philosophen Werte noch keine Normen begründen, da Normen strikt verbieten oder gebieten und somit eine Erlaubnis formulieren, Werte dahingegen lediglich „komparative Verhältnisse (x ist wertvoller als y)“ ausdrücken (vgl. Wils 2006, S. 405). Eine Norm beinhaltet demnach einen auffordernden Charakter und geht mit Verbindlichkeit einher. Doch warum sollte man sich ernsthaft an eine Norm halten? Welche besondere Eigenschaft verleiht ihr den Charakter der Verbindlichkeit? Es sei hier die These aufgestellt, dass Normen verbindlichen Charakter besitzen, weil sie mit Sanktionen einhergehen. Hält sich das Individuum nicht an dasjenige, was geboten ist und führt stattdessen verbotene Handlungen aus, hat es mit einer Bestrafung und somit Leid zu rechnen. Dies möchte das Individuum allerdings vermeiden und hält sich deshalb an sanktionsgestützte Normen.

    Insgesamt sind Werte bzw. Bewertungen und Normen nicht miteinander zu trennen. Doch wie kann der Schritt von den Werten, die lediglich komparative Eigenschaften besitzen, zu den Normen, die strikt ge- oder verbieten, erreicht werden? Wie können Werte zu einer Begründung von Normen beitragen? Angelehnt an der oben verwendeten Definition von Normativität spielt ein Bewertungsmaßstab eine maßgebliche Rolle. Dieser Bewertungsmaßstab führt letztendlich zum Ver- oder Gebieten von bestimmten Handlungen. Diejenigen Handlungen, welche sich bei Bewertungsprozessen unter Verwendung eines Bewertungsmaßstabes bewähren können, erhalten somit die Eigenschaft der Normativität.

    Wie bereits angedeutet, geht auch J. Bentham von einem Zusammenspiel zwischen a) Bewertungsprozessen anhand eines Maßstabes und b) deren Ergebnissen aus. Zur Erinnerung: das Bentham`sche Prinzip ist eines, welches zu verstehen ist „als ein Gefühl, ein Gefühl der Billigung, ein Gefühl, das – auf eine Handlung bezogen – ihren Nutzen als die Qualität gutheißt, durch die das ihr zuerkannte Maß an Billigung oder Mißbilligung bestimmt sein sollte“ (Bentham 1992, S. 56). Mit Hilfe des Maßstabes der Billigung und Mißbilligung könne „die Angemessenheit menschlichen Verhaltens in jeder Situation angemessen geprüft werden (Bentham 1992, S. 55). Hier fließen Bewertungen/Werte in den Maßstab zur Prüfung der Angemessenheit menschlichen Verhaltens hinein. Ob eine Handlung ge- oder verboten ist, kann also am Maßstab der Billigung oder Mißbilligung abgelesen werden.
    Angesichts des bisher Gesagten sollte ersichtlich sein, dass der Maßstab nicht an beliebigen Kriterien orientiert werden kann. In Übereinstimmung von Bentham mit der Psychologie und Neurowissenschaft haben die Kriterien einen naturgemäßen Ursprung. Gemeint ist das natürliche Streben nach Lust und Vermeiden von Unlust.

    Benthams Bewertungsverfahren, welches diesen an Lust/Unlust orientierten Maßstab aufnimmt, ist durch den Namen des sogenannten hedonistischen Kalküls populär geworden. Dieses Kalkül soll Behandlungsgegenstand des folgenden Kapitels sein. Vorab sei gesagt, dass ich auch hier eine individual-ethische Sichtweise verfolge, die sozial-ethischen Aspekte also ausblende. Ich werde allerdings aufzeigen und begründen, weshalb ich das hedonistische Kalkül von Bentham aus letzterer Perspektive für ungeeignet erachte.



    5.2 Das hedonistische Kalkül

    Wie schon gesagt, hat sich ein Maßstab an einer bestimmten Größe zu orientieren, steht zu dieser Größe also in einem bestimmten Verhältnis. Dies ist beim hedonistischen Kalkül aus einer individual-ethischen Perspektive betrachtet das Interesse des Individuums. Das Interesse des Einzelnen besteht nach Bentham wie schon mehrfach angesprochen aus der Vergrößerung von Freude und Verringerung von Leid. Im Interesse des Individuums ist all das, was zur Gesamtsumme der eigenen Freuden beiträgt bzw. die Gesamtsumme der eigenen Leiden vermindert. Insgesamt ist eine Handlung geboten, wenn sie tendenziell die Freude vermehrt und das Leid verringert. Dieses Prinzip der Nützlichkeit ist hier als eine Art Gebot oder gar als ein Gesetz zu verstehen (vgl. Bentham 1992, S. 57). Bentham versieht dieses Prinzip – wie wir bereits sahen – durch seine eigene Bewertung (Gefühl der Billigung) mit Normativität, und möchte somit ein gebietendes bzw. verbietendes Prinzip aufstellen.

    Das Interesse des Individuums ist aus einer Summe durch Freuden und Leiden zusammengesetzt. Dies gibt Hinweis darauf, dass man bei der Betrachtung von Interessen immer mehrere Freuden und Leiden beachten muss. Auch geht Bentham von einer möglichen Operationalisierbarkeit/Messung der einzelnen Freuden und Leiden, also der Erfassung subjektiver Gefühlsqualitäten, aus. Die Gesamtsumme setzt sich hierbei aus den Werten der einzelnen Freuden und Leiden zusammen.
    Mit diesen Werten sind keine moralischen Werte sondern Zahlenwerte gemeint, welche letztendlich miteinander verrechnet werden können (vgl. Bentham 1992, S. 81). Der Wert einer einzelnen Freude oder eines einzelnen Leides setzt sich nach Bentham aus mehreren Dimensionen zusammen, welche die Eigenschaften von den Empfindungen (Freude/Leid) darstellen. Darunter zählen a) Intensität, b) Dauer, c) Gewißheit/Ungewißheit (Wahrscheinlichkeit des Eintreffens) und d) die zeitliche Nähe/Ferne des zukünftigen Eintreffens. Betrachtet man die Folgen einer Handlungen, so sind zudem e) Folgenträchtigkeit (Bestimmte bzw. wahrscheinliche Eintreffen weiterer gleicher Empfindungen – wenn z.B. auf Freude weitere Freude folgt) und f) Reinheit (Bestimmte bzw. wahrscheinliche Eintreffen entgegengesetzter Empfindungen – wenn z.B. auf Freude weiteres Leid folgt.) zu beachten. Werden gar mehrere Personen in die Berechnung einbezogen, da sich menschliche Handlungen in vielen Fällen auf Mitmenschen auswirken, muss g) das Ausmaß (Anzahl der Personen die von Handlung betroffen sind und dabei Freud/Leid empfinden) ebenfalls Beachtung finden. E, F und G sind genauer betrachtet keine Eigenschaften von Empfindungen, sondern stellen Eigenschaften der Handlungen dar (vgl. Bentham 1992, S. 79f.).

    In einem Berechnungsverfahren werden nun die Zahlenwerte der jeweiligen Freuden/Leiden in Abhängigkeit der verschiedenen Dimensionen (a-g) addiert und bilanziert. Fällt die Bilanzierung der Folgen positiv aus, ist die Handlung im Nachhinein gut, ist die Bilanzierung negativ, ist sie schlecht. Hier sei betont, dass das Verfahren – will es relativ genau sein – jede erkennbare Freude und jedes erkennbare Leid einbeziehen muss (vgl. Bentham 1992, S. 80f.). Das hedonistische Kalkül als Bewertungsverfahren dient also der Aufdeckung derjenigen Handlungen, die dem natürlichen Streben nach Lust zuträglich sind. Es ist ein Instrument der Transparenz und somit ein Mittel der Handlungsorientierung für das Individuum.

    Annemarie Pieper nimmt in einer eigenen Rechnung dieses Kalkül auf und bewertet einen Autokauf (Porsche) für eine Familie. Hierbei wird die Handlung allerdings lediglich auf die genannten sieben Dimensionen hin geprüft. Dabei wird jeder Dimension ein Zahlenwert von 0-7 zugeordnet und für die beteiligten Personen bestimmt (Vater, Mutter und zwei Kinder). Verschiedene Freuden und Leiden existieren in ihrer Rechnung bei einem Individuum nicht . Für eine einzelne Person werden demnach nicht mehrere Freuden/Leiden berechnet (vgl. Pieper 2001, S. 113ff.). Somit wäre der Anspruch einer genauen Kalkulation, wie sie Bentham idealerweise anstrebt, nicht erfüllt.
    Ich möchte die Berechnung hier nicht näher ausführen. Es sei nur darauf verwiesen, dass an Annemarie Piepers Rechnung die starke Subjektivität des Verfahrens zu Tage tritt, wenn beispielsweise folgende Überlegung vorkommt: „Bezüglich des Kriteriums der Reinheit sieht es ganz schlecht aus, denn es steht außer Zweifel, dass die Frau ewig jammern, ihm Egoismus und mangelnden Familiensinn vorwerfen wird, demgegenüber die schiere Freude des Vaters stark beeinträchtigt wird: 2 Punkte [in der Bewertung: B.G.]. Am düstersten ist es um das Kriterium des Ausmaßes bestellt, denn außer Vater wird kein weiteres Familienmitglied etwas von dem Porsche haben – allerdings können die Kinder mit dem Prestigeobjekt angeben: >> Wir haben einen Porsche <<: 1 Punkt“ (Pieper 2001, S. 114).
    Wir erkennen hier den hohen Grad an Subjektivität und Konstruktion bei dieser Rechnung. Auch ist es interessant, inwiefern Prognosen über zukünftige Ereignisse angeführt werden, ohne sicher zu sein, ob diese auch tatsächlich eintreffen. Die Kriterien, die hier vorkommen (z.B. Prestige), werden in der Rechnung von A. Pieper nicht einheitlich für alle Personen verwendet. Somit kommt es bereits innerhalb einer Person im Bezug eines Wertes (Prestige) zu Verzerrungen. Wir erkennen hier die große Herausforderung des Verfahrens zu einem ausgewogenen Urteil zu gelangen. Da die beteiligten Personen der Handlung (Porsche kaufen) auf jeweils verschiedene Dinge Wert legen und dies der kalkulierenden Person nicht immer bekannt ist, bzw. die Bedeutung für andere nicht von ihr adäquat eingeschätzt werden kann, ist ein objektives Einbeziehen der Positionen anderer Personen nicht möglich, sondern unterliegt jeweils der Selektion des bewertenden Subjektes.

    5.3 Kritik und Brauchbarkeit des hedonistischen Kalküls

    Muss sich das Individuum nun aber an das hedonistische Kalkül halten? Ist eine Verbindlichkeit etabliert? Drohen gar Sanktionen, wenn diese Verbindlichkeit nicht erfüllt wird?
    Das hedonistische Kalkül ist m.E. lediglich als ein Instrument zur Handlungsorientierung zu verstehen, welches durch den eigenen Gebrauch mehr oder weniger exakt aufzeigen kann, welche Interessen das Individuum selbst besitzt und ob Handlungen mit diesen Interessen vereinbar sind. Das Kalkül ermöglicht lediglich die Aufdeckung einer Vielzahl von Handlungsalternativen, die zur Luststeigerung/Erhaltung und zur Unlustminderung/Vermeidung beitragen. Es besitzt an sich keine Verbindlichkeit. Das Ergebnis des Verfahrens (Bewertungsprozesses) ist jedoch bindend, da es aufzeigt, welche Handlungen geboten, und welche verboten sind. Denn es legt dar, wie das Individuum zu handeln hat, um tendenziell Lust zu erreichen und Unlust zu vermeiden. Würde sich die handelnde Person nicht am Ergebnis orientieren, würde sie sich selbst bestrafen, da damit eine negative Tendenz (Unlust/Leid) der Handlung verbunden wäre. Der Ursprung von Verbindlichkeit für das Individuum ist somit das eigene naturgemäße Streben, Lust zu erhalten/steigern und Unlust zu vermeiden/verringern. Das hedonistische Kalkül versetzt es lediglich in die Lage, die eigenen Interessen transparent zu machen.

    Am vorherigen Beispiel ist schon die starke Vereinfachung der Rechnung angedeutet worden. A. Pieper verwendet lediglich für jede Person die sieben Dimensionen, ohne auf verschiedene Freuden/Leiden einzugehen. Es müssten nach Bentham jedoch alle tangierten Freuden im Verfahren mit ihren jeweiligen Dimensionen einbezogen werden. Soll der Komplexität einigermaßen Rechnung getragen werden, ergibt sich hieraus allerdings ein pragmatisches Problem. Um zu einer Handlungsentscheidung infolge einer Bilanzierung zu gelangen, müsste eine Vielzahl an Informationen verarbeitet und ein erheblicher Zeitaufwand betrieben werden. Dies ist in vielen Alltagssituationen aber nicht möglich. Von daher müsste die berechnende Person jeweils selbst entscheiden, wie viele Aspekte sie berücksichtigen möchte/kann. Sie müsste also das hedonistische Kalkül selbst auf sich anwenden, um Orientierung zu erhalten, in welchen Situationen das Kalkül in welcher Komplexität durchgeführt werden soll. Diesbezüglich müsste man sich ebenfalls für eine Zahlenskala entscheiden. Pieper verwendet eine Skala von 0-7. Je weitreichender diese allerdings ist, desto differenziertere Berechnungen können unternommen werden (z.B. von 0-100). Dies führt wiederum zu einer Komplexitätssteigerung.
    Die Frage ist, ob das Individuum in der Pflicht steht, eine möglichst hohe Komplexität des Verfahrens anzustreben. Denn es besteht m.E. die Gefahr, dass bei einer stark vereinfachten Verfahrensdurchführung wesentliche Bedürfnisse unbeachtet bleiben und somit automatisch Sanktionen/Leid als Folge auftreten, weil aus der Nichtbefriedigung der Bedürfnisse eine negative Handlungstendenz resultiert. Wenn der Mensch naturgemäß nach einer positiven Lusttendenz strebt, ist es nicht im Sinne des natürlichen Strebens, ein komplexitätsreduziertes Kalkül zur Handlungsorientierung zu verwenden, welches die wesentlichen Bedürfnisse nicht beachtet. Demnach würde das Ergebnis auch keine Verbindlichkeit entfalten, weil eine Nichtbefolgung keine Sanktion mit sich führen würde.

    Problematisch ist der Konflikt zwischen einem kurzfristigen und einem langfristigen Luststreben. Eine Stärke des hedonistischen Kalküls sehe ich in der Möglichkeit, auch langfristige Ziele, die mit Lustgewinn und Unlustvermeidung in Verbindung stehen, zu verfolgen. Mit einer höheren Komplexität einhergehend können im Zuge einer Reflexion auch langfristige Ziele in das Verfahren hineingenommen werden. Anstatt lediglich der nächsten Mahlzeit, sexuellen Befriedigung et cetera zu verfallen, können langfristige Ziele wie das Abschließen der Schule, das Erlernen eines Berufes usw. angestrebt werden. Hier tritt die besondere Funktion des präfrontalen Kortex hervor. Durch ihn ist der Mensch nicht nur in der Lage, Kontextwissen und längerfristige Erfahrungen zu aktivieren und im Arbeitsgedächtnis bereit zu halten, sondern auch reflexhaftes/kurzfristiges Streben zu unterdrücken/zu hemmen. So können kurzfristige Bedürfnisse auch langfristigen Zielen untergeordnet werden (vgl. Spitzer 2004, S. 163-167 – weitere Anmerkungen unter Fuß. 16 und 17).

    Es wurde bereits die Schwäche einer Zukunftsprognose angeführt. Woher soll eine Person wissen und adäquat in der Berechnung bewerten, welche Ereignisse in Zukunft eintreten werden? In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob das hedonistische Kalkül im Voraus einer Handlung zur Anwendung kommen kann, um eine Orientierung für eine Handlungsentscheidung zu ermöglichen.
    Das Bewertungsverfahren ist meines Erachtens tatsächlich für eine Handlungsentscheidung zu gebrauchen. Natürlich können nur vage Zukunftsprognosen über die Folgen eigener Handlungen abgegeben werden. Allerdings können Erfahrungen, die man schon in ähnlichen Situationen mit ähnlichen Handlungsalternativen und Folgen erlebt hat, Orientierung bieten (siehe Beispiel unter Fuß. 18). Eine Handlung wäre demnach geboten, wenn die im Voraus durchgeführte Berechnung in Abhängigkeit der eigenen Vorerfahrungen in der Bilanz positiv ausfällt. Gerade dafür ist ein hoher Grad an Selbstwahrnehmung und Reflexion erforderlich.

    Es liegt die Vermutung nahe, dass das Verfahren stark durch das jeweilige Subjekt beeinflusst wird und intersubjektiv zu unterschiedlichen Ergebnissen führen wird. Selbst intrasubjektiv ist zu verschiedenen Zeitpunkten mit Differenzen zu rechnen. Ein objektives Einbeziehen anderer Personen, die durch die eigenen Handlungen tangiert werden, ist nicht möglich.

    Das Prinzip der Nützlichkeit wird von Bentham nicht weiter bewiesen oder hergeleitet, sondern als oberstes Prinzip zur Rechtfertigung aller Handlungen etabliert. Meines Erachtens ist bereits das hedonistische Kalkül als eine Konstruktion Benthams zu verstehen, wobei er selbst dieses Kalkül als erstrebenswert hält (siehe Anmerkung unter Fuß. 19). Das Verfahren ist insgesamt von unterschiedlichen Bewertungen der anwendenden Person abhängig. So ist das letztendliche Ergebnis nicht nur von den bisher gemachten Erfahrungen des Subjekts abhängig, sondern auch davon, wie viel Komplexität es zulässt, welche weiteren Orientierungsmaßstäbe es verwendet (z.B. Goldene Regel) et cetera.

    6. Zusammenfassung

    Aus einer individual-ethischen Perspektive können die Thesen J. Benthams mit neueren Ansätzen der Psychologie und Neurowissenschaft in einen fruchtbaren Austausch treten. Die bereits im 18. Jahrhundert behauptete Determination durch die souveränen Gebieter Freude und Leid geht mit aktuellen motivationspsychologischen Ansätzen der Bedürfnisbefriedigung einher. Das hedonistische Kalkül ist ein Bewertungsverfahren und lässt sich mit neurowissenschaftlichen Ergebnissen kognitiver Bewertungsprozesse verbinden. Dieses Kalkül spielt zudem eine Schlüsselrolle für die Herstellung von Transparenz bei dem Übergang von einer deskriptiven zur normativen Dimension. Es bietet die Möglichkeit, diejenigen Handlungen aufzudecken, welche zur Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse führen. Dabei kann es im Voraus Handlungsorientierung bieten und im Nachhinein zur Reflexion über die Angemessenheit des Handelns beitragen. Die Ergebnisse des hedonistischen Kalküls sind stark vom Subjekt abhängig und können keine Objektivität beanspruchen. Es ist nicht möglich, die subjektiven Empfindungen derjenigen Personen, die von der eigenen Handlung betroffen sind, in geeigneter Art und Weise in das Verfahren einfließen zu lassen. Demnach ist es auch nicht möglich, anhand der Ergebnisse des Bewertungsverfahrens sozial-ethische Forderungen zu postulieren.





    7. Literaturverzeichnis

    Bentham, Jeremy: Eine Einführung in die Prinzipien der Moral und der Gesetzgebung. In: Höffe, Otfried (Hrsg.): Einführung in die utilitaristische Ethik. 2. überarb. u. aktual. Aufl. Tübingen: A. Francke Verlag, 1992, S. 55-83.

    Bergius, Rudolf: Bedürfnis. In: Häcker, Hartmut O./Stapf, Kurt-H. (Hrsg.): Dorsch Psychologisches Wörterbuch. 15., überarb. u. erw. Aufl. Bern: Verlag Hans Huber, 2009.

    Fenner, Dagmar: Das gute Leben. Berlin: Walter de Gruyter, 2007.

    Horn, Christoph: Wert. In: Otfried Höffe (Hrsg.): Lexikon der Ethik. 6., neubearb. Aufl. München: C.H. Beck Verlag, 2002, S. 290-291.

    Pieper, Annemarie: Glückssache. Die Kunst gut zu leben. Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag, 2001.

    Prechtl, Peter: Norm. In: Burkhard, Franz-Peter/Prechtl, Peter (Hrsg.): Metzler Lexikon Philosophie. 3. erw. u. akt. Aufl. Stuttgart/Weimar: Verlag J.B. Metzler, 2008, S. 418.

    Spitzer, Manfred: Lernen. Heidelberg/Berlin: Spektrum Akademischer Verlag, 2002.

    Spitzer, Manfred: Selbstbestimmen. Gehirnforschung und die Frage: Was sollen wir tun? Heidelberg/Berlin: Spektrum Akademischer Verlag, 2004.

    Wils, Jean-Pierre: Wert/Axiologie. In: Hübenthal, Christoph/Wils, Jean-Pierre (Hrsg.): Lexikon der Ethik. Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2006, S. 404-406.

    8.Fußnotenverzeichnis

    Fußnote 1: Habermas nahm eine Teilung in eine vertikale und horizontale Perspektive vor. Habermas: Die Einbeziehung des Anderen, 1999, S. 43.

    Fußnote 2: Das kognitive Belohnungsystem besteht u.a. aus dem dopaminergen System. Was darunter zu verstehen ist, wird im folgenden Absatz beschrieben.

    Fußnote 3: Breiter et. al.: Acute effects of cocaine on human braine activity and emotion. Neuron 19, 2003, S. 591-611.

    Fußnote 4: Aus philosophischer Perspektive wäre hier beispielsweise das Denken, Forschen, Philosophieren als eine der höchsten Tätigkeiten zu nennen

    Fußnote 5: Waelti et. al.: Dopamin responses comply with basic assumptions. Nature 412, 2001, S. 43-48.

    Fußnote 6: Small et al.: Change in brain activity related to eating chocolate. From pleasure to aversion. Brain, 124, 2001, S. 1720-1733.

    Fußnote 7: Bao et al.: Cortical remodelling induced by activity of ventral tegmental dopamin neurons. Nature 412, 2001, S. 79-83.

    Fußnote 8: Erk et al.: Cultural objects modulate reward ciruitry. Neuroreport, 13, 2002, S. 2499-2503.

    Fußnote 9: Man könnte hier fragen, warum der orbitofrontale Kortex im Vergleich eine so geringe Aktivität bei den Kleinwagen aufzeigt, wobei man doch meinen könnte, dass dies ebenfalls Vorteile haben könnten (z.B. weniger Kosten für Anschaffung und Benzin). Ein Erklärungsversuch könnte hier sein, dass die Aufgabe für die Probanden war, die Attraktivität der zu betrachtenden Autos zu bewerten und demnach die selektive Wahrnehmung/Erinnerung eher positive Aspekte bei der Bewertung beachtete. Um dies herauszufinden, müsste ein weiteres Experiment durchgeführt werden, wobei die Fragestellung nicht ausschließlich positive Aspekte (Attraktivität) beinhalten dürfe.

    Fußnote 10: Die Mandelkerne sind sozusagen das Äquivalent zum Belohnungssystem. Hier entstehen negative Bewertungen wie beispielsweise Angst.

    Fußnote 11: A) Small et al.: Changes in brain activity related to eating chocolate: from pleasure to aversion. Brain, 124, 2001, S. 1720-1733. B) Blood/Zatorre: Intensely pleasurable responses to music correlate with activity in brain regions implicated in reward and emotion. Proc Natl Acad Sci USA, 98, 2001, S. 11818-11823. C) Greene et al.: An fMRI investigation of emotional engagement in moral judgement. Science, 293, 2001, S. 2105-2108. D) Rilling et al.: A neural basis for social cooperation. Neuron, 35, 2002, S. 395-405.

    Fußnote 12: Wird zum Beispiel die Fingerspitze des Zeigefingers berührt, werden bestimmte Neuronen in der Gehirnrinde aktiviert, die die Stelle der Berührung repräsentieren. Ähnlich führen verwendete Begriffe des eigenen Wortschatzes zu Aktivierungen bestimmter Neuronen und zwar denjenigen, die den jeweiligen Begriff repräsentieren (vgl. Spitzer 2004, S. 35f.).

    Fußnote 13: Gemäßigte Positionen zwischen subjektivistischer und objektivistischer Sicht über Werte siehe bei: Gaus: Value and Justification. The Foundations of Liberal Theory, 1990. McDowell: Minde, Value and Reality, 1998. Siehe auch Positionen von Wright: Normen, Werte und Handlungen, 1994.

    Fußnote 14: LeDoux: The Emotional Brain: The Mysterious Underpinnings of Emotional Life. New York: Simon & Schuster, 1994. Siehe auch die Studie von Büchel et al.: Brain systems mediating aversive conditioning: an eventrelated fMRI study. Neuron, 20, 1998, S. 947-957. Hier wurde nachgewiesen, dass die Mandelkerne beim Menschen bei einem unangenehmen Ton aktiv sind.

    Fußnote 15: LeDoux: Synaptic Self: How our Brains Become Who We Are. New York: Maxmillan, 2002.

    Fußnote 16: Beispiel: Ich möchte gerne Eis essen, weiß aber, dass das Eis ungesund ist und gegen mein langfristiges Ziel eines gesunden Lebens verstößt. Durch den präfrontalen Kortex kann das Bedürfnis nach Eisessen gehemmt werden.

    Fußnote 17: Reflexiv wäre beispielsweise das schnelle Rückziehen des Armes, nachdem dieser unbeabsichtigt eine heiße Herdplatte berührte. Bei einer zielgerichteten Handlung benötige ich dahingegen Erfahrungswissen/Kontextwissen, um dieses Ziel zu erreichen. Wenn ich einkaufen gehen möchte, muss ich wissen, wo sich die nächste Einkaufsmöglichkeit befindet, was überhaupt eine Einkaufsmöglichkeit ist, wie ich die benötigten Lebensmittel finde, wie ich sie kaufe u.v.a. Einfache Reflexe würden uns hier nicht zum Ziel bringen.

    Fußnote 18: Wenn ich beispielsweise weiß, dass Ladendiebstahl unter Strafe steht und ich bei einem Diebstahl wohl mit einer Sanktion zu rechnen habe, kann ich dies in die Bewertung einfügen. Die vorher gemachte Erfahrung (Wissen über Konsequenzen von Diebstahl) bietet mir für das hedonistische Kalkül also eine Orientierung. Sie stellt damit eine Orientierung der Orientierung (des Kalküls) dar.

    Fußnote 19: Er bezeichnete das Prinzip als ein Gefühl der Billigung. Demnach bereitete ihm wohl diejenige Vorstellung Lust/Freude, wonach das Glück der Menschen maximiert werde und er ein Verfahren zur Handlungsorientierung zur Hand hatte.

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